Beratung einholen, von Erfahrungen profitieren

Im Interview: Wohnmix Oldenburg aus dem Bundesprogramm "Wohnen für (Mehr-)Generationen"

Das 2009/2010 vom Bundesfamilienministerium initiierte und von der KFW und dem Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen durchgeführte Programm "Wohnen für (Mehr)Generationen – Gemeinschaft stärken, Quartier beleben" ist bis heute ein Impulsgeber für Projekte, die ein modernes Gemeinschaftserleben mit architektonischen Komponenten koppeln. Ziel des Programms war es zudem, einen Beitrag zur Bildung von Wohneigentum oder gemeinschaftsähnlichen Lösungen, etwa in einer Genossenschaft, zu leisten. Zuhause im Alter sprach mit Verantwortlichen des an dem Programm beteiligten Projekts Wohnmix Oldenburg über Hoffnungen und Erwartungen, aber auch über Herausforderungen, denen sich ein Projekt gegenübersieht – und die für vergleichbare Initiativen heute interessant sind.

Zuhause im Alter: Auch wenn es schon einige Jahre her ist: Erinnern Sie sich noch an die Beweggründe für das Projekt?

Wohnmix Oldenburg: Ja. Die Einbindung in ein soziales Netzwerk, gegenseitige Unterstützung, zum Beispiel beim Einkauf, beim Umgang mit einem Computer, Babysitting, gemeinsame Freizeitaktivitäten, Entgegenwirken von Isolation und Vereinsamung. Wir waren 2008 eine bunt gemischte Gruppe von Menschen im Alter von 1 bis 79 Jahren, mit vielfältigen Lebensvorstellungen, die sich zum Ziel gesetzt hatte, sowohl Gemeinschaft als auch Individualität zu leben. Gegenseitige Achtung, religiöse und weltanschauliche Toleranz und verantwortungsvoller Umgang mit der Natur bildeten die ersten gemeinsamen Eckpunkte und stehen noch heute in der Präambel unserer Vereinssatzung.

Zuhause im Alter: Gab es Startschwierigkeiten, oder andererseits Punkte, die Sie in der Entstehung des Projekts positiv überrascht haben?

Wohnmix Oldenburg: Ja, auch wir hatten die für damalige Wohnprojekte übliche Schwierigkeit: Wir verloren ein bereits reserviertes Grundstück, da wir die Finanzierung nicht schnell genug abschließend regeln konnten. Die Zeit war leider noch nicht reif für kommunal(politisch)e Unterstützung oder Förderung, wie es heute eher möglich ist.
Die positive Überraschung: Fast alle damaligen Gruppenmitglieder wollten trotzdem weitermachen. Es hat in rasantem Tempo in einem anderen Stadtteil geklappt. Wir hatten uns im November 2008 als Verein gegründet und die ersten Bewohner sind im Februar 2012 in unser Wohnmixhaus gezogen. Alle bei uns wohnenden Menschen, sei es zur Miete oder im Eigentum, haben ihre Wohnung gemeinsam mit dem Architekten selber entworfen. Jede Wohnung ist anders und trägt das Gesicht des dort wohnenden Mitbewohners beziehungsweise der Mitbewohnerin.

Zuhause im Alter: Wenn Sie sich die bisherigen Jahre des Projekts anschauen: Was funktioniert aus Ihrer Sicht besonders gut?

Wohnmix Oldenburg: Besonders gut funktioniert bei uns die Integration der bei uns wohnenden Flüchtlingsfamilie, das generationsübergreifende Zusammenleben von Jung und Alt, die gegenseitige Unterstützung in schwierigen Situationen, das jährliche Sommerfest in und mit der Nachbarschaft und auch einige andere Aktivitäten innerhalb der größeren Nachbarschaft.

Zuhause im Alter: Gibt es Themen, die sich als besonders schwierig für den Alltag eines Projekts herausgestellt haben?

Wohnmix Oldenburg: Es ist für unser Projekt besonders schwierig, gerade die gewollte Mischung von Eigentum und Miete unter einem Dach zu leben. Unterschiedliche Bedürfnisse der beiden Gruppen "Eigentum" und "Miete" in Finanzierungs- und Anschaffungsfragen führen zu Konflikten bei dem Thema "Geld", so ließ sich der anfangs vorausgesetzte Verzicht auf Eigenbedarf nicht umsetzen, und die Abstimmung nach Eigentumsanteilen führt immer wieder zur Bestärkung bestehender Machtverhältnisse. Mieterinnen und Mieter fühlen sich in der Entscheidung einiger Eigentümer oft nicht genügend berücksichtigt.

Zuhause im Alter: Wenn Sie eine Empfehlung oder einen Rat an andere Gruppen haben, die ebenfalls ein solches Projekt planen: Welcher wäre das?

Wohnmix Oldenburg: 1) Zeit nehmen für die Planung, 2) bei der Gemeinschaftsfindung und -bildung frühzeitig Hilfe von außen holen, am besten mit Wohnprojekterfahrung, 3) Einigung auf ein regelmäßiges Konfliktmanagement, 4) Eigentum und Miete unter einem Dach ist problematisch und hinderlich für die sozialen Schwerpunkte eines solchen Projektes.

Zuhause im Alter: Danke für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.

Hinweis: Das Interview dient ausschließlich Informationszwecken. Es ist keine Präferenz für oder gegen eine bestimmte Projektform. Die Meinungen der Interviewpartner spiegeln nicht automatisch diejenigen der Redaktion wider.

Weitere Informationen:

zum Projekt unter www.wohnmix-oldenburg.de

zum ausgelaufenen Programm unter www.bmfsfj.de/publikationen

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